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Flexible, gummiartige Materialien

TPU aus dem SLS 3D-Druck: flexible Bauteile nach Ihren Bedürfnissen

Ob technische Dämpfungselemente, Flexschläuche, Griffe oder Tastaturfelder, TPU und flexible, gummiartige Materialien können für verschiedenste Anwendungen eingesetzt werden. Wird das Material mit der 3D-Druck Technologie SLS (oder FDM) verarbeitet, entstehen diverse neue Möglichkeiten.

TPU 3D-Druck mit Lattice-Struktur
SLS TPU 3D-Druck Bauteil knickbar

TPU, auch bekannt als thermoplastisches Polyurethan, ist ein Elastomer-Kunststoff, der eine hohe Flexibilität und Beständigkeit gegen Fette und Öle aufweist. In der additiven Fertigung bietet TPU viele Anwendungsmöglichkeiten, von Schuhsohlen und Reifen bis hin zu kundenspezifischen Bauelementen und Handyschutzhüllen. Es eignet sich besonders gut für den 3D-Druck von Endprodukten, funktionalen Prototypen und Designmodellen. In diesem Blogbeitrag erfahren Sie, was beim 3D-Druck mit TPU zu beachten ist, welche Vorteile das flexible Material in der additiven Fertigung bietet und in welchen Anwendungsbereichen TPU seine Vorzüge besonders gut ausspielen kann. Auch geben wir wertvolle Konstruktionshinweise und wägen den Kosten-Nutzen-Faktor gegeneinander ab. Der Fokus dieses Beitrages liegt bei der Drucktechnologie SLS, da TPU große Herausforderungen an den Druckprozess stellt und mit dem FDM zum Beispiel Lattice-Strukturen aus TPU-Material nicht abbildbar sind (Stützstrukturen etc.).

TPU 3D-Druck mit SLS: Was sind die Vorteile?

3D Druck Material - TPU Technologie SLS - Jellypipe

Beim Selektiven Lasersintern (SLS) werden kleine Polymerpulverpartikel durch einen Hochleitungslaser gesintert. So entsteht in einem Pulverbett das gewünschte Bauteil. SLS ermöglicht im Bereich der additiven Fertigung eine hohe Produktivität bei geringen Stückkosten – insbesondere in den Bereichen Rapid Prototyping, Individual-Fertigung ab Losgröße eins und Kleinserien. Einige besondere Vorteile des Materials:

  • TPU bietet eine Shore Härte von 55 bis 75. Die Shore-Härte ist ein Maß für die Härte von Kunststoffen und wird in der 3D-Druckindustrie verwendet, um die Eigenschaften von verschiedenen Materialien zu vergleichen. Die Härte wird auf einer Skala von 0 bis 100 gemessen, wobei höhere Werte für härtere Materialien stehen. Bei TPUs ist die Härte sehr fein und nahtlos justierbar: Je mehr Energie in den Werkstoff zum Aufschmelzen eingetragen wird, desto härter wird das Material. TPU bietet also eine hervorragende Materialvielfalt von hart bis weich.
  • TPU bietet eine hohe Rückstellung mit niedrigem Druckverformungsrest – deutlich besser als vergleichbare Kunststoffe. TPU kehrt zu fast 100 % in den Ausgangszustand zurück.
  • Die meisten TPU vertragen thermische Dauerbelastungen bis zu 80° Celsius, kurzfristig sind auch bis zu 120° Celsius möglich. Mit speziellen TPUs ist auch eine noch höhere Hitzebeständigkeit bis zu 180° Celsius möglich.
  • TPUs sind teilweise UV-resistent. Wenn das Material starker Sonneneinstrahlung ausgesetzt wird, verfärbt es sich. Allerdings sind Einflüsse auf die mechanischen Eigenschaften nicht zu erwarten.
  • TPUs bieten eine extrem hohe Bruchdehnung bis 500 %. Die Bruchdehnung beschreibt, wie weit ein Bauteil gezogen werden kann, bis es reißt. TPU aus dem SLS 3D-Druck erreicht fast die Werte von spritzgegossenen TPU Teilen, die eine Bruchdehnung von ca. 700 % bieten.
  • Bei modernen TPUs ist die Hydrolyse kein Problem mehr. Nach rund 10 Jahren ist ein Hydrolyse-Effekt sichtbar, im kurzzeitigen Bereich spielen Wasser und Temperaturen keine Rolle mehr.
  • Flexible Farbgestaltung: additiv gefertigte Bauteile aus TPU lassen sich unterschiedlich einfärben. Schwarzes TPU ist besonders interessant, weil es dem typischen „Gummi-Werkstoff“ nachempfunden ist. Generell sind so gut wie alle Farben machbar, jedoch sind helle Farbtöne etwas schwieriger zu realisieren.

Technische Eigenschaften der TPU Materialien aus dem SLS und FDM

Die technischen Eigenschaften im Detail können Sie auf den Materialdeteilseiten nachlesen:

Warum ist der SLS 3D-Druck bei TPU aufwändiger als bei anderen Materialien?

selective laser sintering technology sls

Selektives Laser Sintering (SLS) und der 3D-Druck von TPU – eine hervorragende Kombination, die allerdings einige Besonderheiten mit sich bringt. So ist vor allem das besondere thermische Verhalten der TPU relevant. Bei SLS 3D-Druck mit TPU sind angepasste Prozessparameter notwendig - und die Prozessführung ist herausfordernd. Die einzelnen Bauteile müssen im Bauraum einen größeren Abstand haben als beispielsweise beim Druck von PA12. Auch nach dem TPU 3D-Druck muss auf die Besonderheiten des Materials geachtet werden. Die Abkühlung des Bauraum-Kuchens und das Entpulvern ist aufwändiger, um die Teile sauber herauslösen zu können. 

Ein mechanisches Glätten der Oberfläche ist bei TPU nicht möglich. Mit speziell angepassten Lösemitteln und Arbeitsprozessen ist aber ein chemisches Glätten realisierbar. Sehr interessant dabei ist die Option, dass die Oberfläche mediendicht versiegelt werden kann. Ein Einlaufen von Wasser in das gedruckte Bauteil ist somit nicht mehr möglich.

Sollten die Bauteile eingefärbt werden, wird dies vorzugsweise mittels Tauchfärben umgesetzt. Hierbei wird die Naturfarbe von TPU überfärbt. Ökologisch und nachhaltig ist eine weitere Eigenschaft von TPU im SLS-3D-Druck: Das Pulver kann zu 100 % wiederverwendet werden, da es im thermischen Druckprozess keinen Schaden nimmt. In der Praxis findet allerdings nur eine Beimischung von 10 bis 15 % pro Druckauftrag statt, um die Qualität der Drucke konstant zu halten.

Konstruktionshinweise für den TPU 3D-Druck

Für den 3D-Druck von TPU gelten vergleichbare Konstruktionsrichtlinien wie beim Material PA12. Davon abgesehen sollten Sie folgende Besonderheiten bei der Konstruktion berücksichtigen:

  • Beim 3D-Druck von TPU mittels Selektivem Laser Sintering SLS sind keine Stützstrukturen notwendig.
  • Rohre, Profile und Hinterschnitte sind möglichst großzügig auszulegen. Achten Sie bei der Konstruktion immer darauf, dass verbackenes Pulver entfernt werden kann.
  • Sollen die Bauteile nach dem 3D-Druck chemisch geglättet werden, müssen „Nicht-Funktionsflächen“ und „Sichtflächen“ genau definiert werden. Beim chemischen Glätten gibt es immer einen Auflage- oder Befestigungspunkt, vergleichbar mit Angusspunkten bei Spritzgussteilen. Es lässt sich auch im CAD ein Haken anbringen, der nach dem Druck entfernt wird (sofern notwendig).
  • Die Wandstärke muss mindestens 1 mm betragen. Zwar ist der Laserfokus bei SLS deutlich geringer, allerdings erfordert die Verarbeitung von TPU mindestens 1 mm beim Prozess. Nur so kann die geforderte Stabilität des Bauteils erzielt werden. Eine Wandstärke unter 1 mm ist bei Serienteilen dann möglich, wenn im Vorfeld technische Möglichkeiten ermittelt und an die Anwendung angepasst worden sind.
  • Die zyklische Belastbarkeit von TPU-Teilen ist von der Geometrie und der eigentlichen Belastung (knicken oder drücken) abhängig. Grundsätzlich weist TPU jedoch eine hohe Dauerfestigkeit auf.
  • Wasserdichtheit und Spritzschutz lässt sich über chemisches Glätten herstellen. Je nach Dichtprofil und Dichtpartner können Bauteile aber auch direkt wasserfest hergestellt werden. Senden Sie uns bei Bedarf hierzu bitte eine individuelle Anfrage im Shop.

 

Für weniger komplexe Formen kann die Technologie FDM eine Alternative sein, da diese für TPU-Bauteile preisgünstiger ist. Allerdings werden beim FDM 3D-Druck je nach Geometrie Stützstrukturen erforderlich. Diese sind beim TPU häufiger erforderlich als bei anderen Materialien, was die Druckbarkeit von TPU-Bauteilen mit der FDM-Technologie stark einschränkt. Für Fragen diesbezüglich gerne eine «individuelle Anfrage» stellen im Store.

Anwendungsbeispiele von TPU 3D-Druck

Ergänzt mit Lattice-Strukturen lassen sich hochinteressante Anwendungen mit TPU realisieren. Die Härte der gedruckten Bauteile ist sehr fein über die Geometrie justierbar. So erzeugt beispielsweise die schaumähnliche Kelvin-Struktur weiche Bauteile mit einer erhöhten Resistenz gegen Biegebelastungen, während die ebenfalls schaumähnliche Oktett-Struktur härtere Bauteile ermöglicht, die Zugbelastungen optimal widerstehen. Typische Anwendungen von TPU aus dem SLS-3D-Druck sind unter anderem:

  • Griffe oder Dämpfer-Schutz für Mountainbikes
  • Faltenbälge in kleinen oder mittelgroßen Stückzahlen, die besonders widerstandsfähig gegen Öle und Fette sind
  • Tastaturen für Bedienfelder im Anlagen- und Maschinenbau
  • Maschinenfüße
  • Bereifungen für ferngesteuerte RC-Modellautos
  • Flexschläuche mit versiegelten Oberflächen für Anwendungen im Motorraum
  • Technische Dämpfungselemente im Anlagenbau – hier sind kleine Stückzahlen und Komponenten, die exakt zu der Anwendung passen, gefragt
  • Dichtprofile
  • Individuelle Orthesen im Bereich der Orthopädie
  • Realisierung von Designideen im Modebereich
  • In der Waschmaschine waschbare Schuhsohlen
  • Alle Anwendungsgebiete, bei denen es um optimale Haftreibung geht.

Preise und Wirtschaftlichkeit der 3D gedruckten TPU-Teile

Bei der Frage, bis zu welchem Stückzahlbereich TPU konkurrenzfähig 3D-gedruckt werden kann, müssen wir mit einer Faustregel antworten. Diese besagt: Die Wirtschaftlichkeit ist stark abhängig von der Größe und Komplexität des geforderten Bauteils. Im SLS haben typische Serien einen Umfang zwischen 5.000 und 15.000 Teilen. Bei TPU liegen die Stückzahlen für einen wirtschaftlichen 3D-Druck etwas darunter.

Wenn es um sehr große Stückzahlen geht, wird der TPU 3D-Druck nicht so kostengünstig wie der Spritzguss. Die Relevanz des 3D-Drucks von flexiblen Materialien wie TPU liegt vor allem in der Komplexität – und bietet immer dann immense Vorteile, wenn eine Fertigung mit konventionellen Methoden nicht möglich ist. Oder wenn kleine Stückzahlen im Spritzguss nicht wirtschaftlich gefertigt werden können.

TPU FDM 3D-Druck Fahrradgriff

Falls kleinere Mengen eines TPU-Bauteils mit einfacher Geometrie (ohne Lattice-Strukturen und dergleichen) gefertigt werden sollen, ist die Technologie FDM eine preiswertere Alternative.

Bild: der Fahrradgriff konnte aufgrund der einfacheren Geometrie problemlos mit der Technologie FDM gefertigt werden.

Für Fragen zum TPU 3D-Druck oder anderen Fachthemen stehen wir gerne zur Verfügung. Wir freuen uns auf Ihr Projekt.

Ihre Jellypipe

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Autor

Markus Grimm
Chief Virtual Printfactory

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